Donnerstag, 19. Juli 2007

Team-Meeting

Regelmässig wird in der Forschungsgruppe, bei der ich zu Gast bin, ein Team-Meeting abgehalten. Wer nun aber langwei... spannende Vorträge mit den diversen Hilfsmitteln der heutigen Präsentationstechnik (selbst von Hand bekritzelte Whiteboards, unleserliche Kopien von Kopien von Kopien von..., inhaltlose Handouts, etc.) in "gut belüfteten" Räumen mit Getränkeflaschen, die nie genug Inhalt haben, geschweige denn in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Säfte sind als erstes vergriffen) erwartet, der täuscht sich hier gewaltig!

Tatsächlich begann unser Team-Meeting, zu welchem ich wesentlicher Bestandteil werden sollte, was mir aber noch nicht geläufig war, erst um 1830h... und zwar in einem netten kleinen koreanischen Restaurant am Stadtrand von Pohang. So fuhren wir also grüppchenweise in ebendieses Restaurant, ein paar vom Forschungsteam waren bereits anwesend und am Futtern von "Appetizern", als wir eintrafen. Kaum hatten wir die Schuhe abgestreift und in der klassischen Bodensitzhaltung im Separée Platz genommen, schon brachten auch die Kellnerinnen schnell wie der Wind unzählige Schälchen mit den Vorspeisen.

Darunter alles nur erdenkliche an Gemüse, Seegetier und -gewürm und Vogeleier (keine Ahnung, welche Vogelart, das konnte niemand am Tisch so recht sagen, aber wenigstens waren die Eier nicht ONSEN-TAMAGO!!! (Breakfast at Al's) *zwinker-an-bigal* :)

Während wir uns daran bedienten, trafen auch die restlichen Teilnehmer des Abends ein (dürften insgesamt etwa 30 Leute gewesen sein) und neben den Vorspeisen wurden nun noch viel mehr Schüsselchen und Teller mit Speisen gebracht. Dazu gehörte unter anderen der noch halb lebendige Octopus (ich werde nie wieder das genüssliche Gesicht von Mr. Kim vergessen, daß er gemacht hat, als er "please, try it" gesagt hatte und ich seiner Bitte auch noch nachgegangen bin...), aber auch viele andere frittierte, gekochte, rohe oder anderweitig zubereitete Gerichte. Gegen Ende kam auch roher Walfisch, eine Delikatesse. (Der Gestank, den dieses Fleisch verbreitet und beim Verzehr ins tiefste Innere der Nasenschleimhäute den Kopf hochzieht, ließ mich aber daran zweifeln, ob ich jemals ein Gourmet werden könnte oder vielleicht doch eher meinem Dasein als Gourment fröhne.)

Zwischendurch musste ich die feucht-fröhliche Runde (die Soju-Flaschen sind schneller als Bier gesüffelt worden... Wikipedia - Soju) für einen kurzen Stop auf der Defäkalisationsstation antreten. Als ich davon wieder zurückkehrte lief Mr. Kim (ein anderer welcher als zuvor erwähnter) bereits vor den Tischen auf und ab und gab etwas zum Besten. Gerade wollte ich mich hinsetzen, wurde ich von ihm jedoch zurückgezogen mit den Worten "Please, take a speech!" - Oje!

Allein jedoch durch ein "Annyeong hasimnikka" konnte ich die Menge für mich gewinnen! (Die Leute hier sind wirklich sehr begeistert, wenn man auch nur ein paar Worte Koreanisch kann.) Dann noch ein paar Zeilen in Englisch bevor ich mich wieder setzen durfte und das Besäuf... Meeting fortgesetzt wurde.

Ich hatte die Hoffnung, das Schwierigste für diesen Abend nunmehr hinter mir gelassen zu haben. Das war, bevor mich mein Gastgeber fragte, ob ich wisse, was ein 누레방 (nu-re-bang) sei - das Musikzimmer!!!

Langsam bewegte sich die Truppe nun ins obere Stockwerk des Restaurants, in die Höhle des Karaoke-Löwen... flehend blickte ich zu Ms. Park und Mr. Kim in der Hoffnung, dass die beiden mich da irgendwie rausholen könnten - aber nichts geschah. Wenigstens kommen die beiden mit, so dachte ich mir. Aber kaum war ich auf dem oberen Treppenabsatz angekommen, drehte sich Ms. Park um und stürmte so schnell davon, dass die übrige angeheiterte Meute sie nicht aufhalten konnte. Mr. Kim blieb aber noch. Puh!

Im 누레방 wurde mir ein Ordner mit einer Liste verfügbarer Musikstücke der Größenordnung O(10e3) vorgesetzt und mit "you first" zu verstehen gegeben, dass ich die Ehre hatte, als erstes ans Mikro zu... dürfen.

Was blieb mir anderes übrig? So wählte ich etwas, was wenigstens noch hinlänglich aus dem Musikunterricht bekannt war und die Blamage nicht vollends ausartete - "Yesterday".

Aufgrund des besonderen Musikvideos, das nun zu den Klängen des Originals der Beatles abgespielt wurde, mußte ich unwillkürlich grinsen (was jedoch ein Fehler war, wie sich ein wenig später zeigen sollte). Man sah in weiße Mülltüten (Fubu oder Hally Hansen stand wohl drauf) gekleidete Rapper durch die Gegend hüpfen und "chillen", während sie zu "all my troubles seemed so far away" wild mit den Armen herumfuchtelten...

Nach den bisher schrecklichsten 3 Minuten meiner gesamten Karriere als Sänger, die bis dato seit etwa beinahe fast ungefähr genau 3 Minuten existierte, konnte ich Mr. Kim nicht mehr im Musikzimmer ausmachen! Gelegenheit darüber nachzudenken hatte ich jedoch keine bekommen, denn nach zwei, drei weiteren Liedern sollte ich noch etwas zum Besten geben... Diesmal entschied ich mich für "What a Wonderful World" (mein Score lag bei 100 von 100 Punkten, der ultimative Beweis für die Fehlfunktion des Karaoke-Computers). Um nun aber nicht weiter mit Soju befüllt zu werden und noch den ganzen Abend weitersingen zu müssen, flüchtete ich in einem unaufmerksamen Moment auf die nahegelegene Toilette und griff zum rettenden Mobiltelefon, um Ms. Park anzurufen und auf Knien um Hilfe anzuflehen.

Als ich sie schließlich erreicht hatte, sagte sie mir, sie sei nun bereits bei sich zu Hause, da sie etwa 20 Minuten mit laufendem Motor vor dem Restaurant auf mich gewartet hatte, um meine Flucht zu unterstützen, aber Mr. Kim ihr mitgeteilt hatte, es würde mir unglaublich viel Spaß da oben machen, denn immerhin habe ich bei "Yesterday" unglaublich gegrinst (s.o., Mist!).

Ein alternativer Plan musste her, und so packte ich mein schauspielerisches Talent aus und präsentierte einen von Übelkeit begleiteten Besoffenen, wie er im Buche steht, um alle davon zu überzeugen, jetzt unbedingt in die heimischen Gefilde zurückkehren zu müssen - es hatte funktioniert! Eine Taxifahrt später war ich gerettet und es war mir gleich, daß ich mir am nächsten Tag mehrfach anhören mußte, daß ich wohl keinen Alkohol vertrüge.

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